1986 Ausländische Asylsuchende in Deutschland

image_pdfimage_print
Jahr Anzahl der in der BRD Asylsuchenden Asyltransit via Ostberrlin
1980 108.000
1981
1982 6.000
1983 20.000
1984 35.000 15.000
1985 74.000 44.852
Jan-Jun 1986 42.000 22.789

Sicherheitsprobleme mit den Asylsuchenden: ´An der Spitze der Tatverdächtigen liegen Libanesen, gefolgt von Palästinenser, Türken, Pakistani, und ghanische Staatsangehörige. Große Besorgnis bereitet auch das nicht abschätzbare Terrorismuspotential bei Indern und Arabern.´ Q: Bericht des Bundesinnenministers an das Bundeskabinett vom 23. Juli 1986

Ab 1980 kamen in der BRD Asylsuchende auch auf dem Luftweg über den Ostberliner Flughafen Berlin-Schönefeld nach Westberlin. 60-70% der Asylsuchenden kamen mit der sowjetischen Fluggesellschaft Aeroflot, die restlichen 30-40% reisten mit der DDR-Fluggesellschaft Interflug, Syrian Arab Airlines, Balkan Airlines und Turkish Airlines. Vom Flughafen Berlin-Schönefeld wurden sie mit Bussen zum Bahnhof Berlin-Friedrichstraße gebracht, von wo aus sie mit der U- oder S-Bahn ungehindert nach Westberlin reisen durften. Da sie nach Auffassung der DDR-Behörden keine Grenze im völkerrechtlichen Sinne überschritten, wurden sie auch nicht kontrolliert. Die DDR berief sich dabei auf die Konvention von Barcelona vom 20. April 1921 und das Transitabkommen von 1971.

Ansicht der BRD Ansicht der DDR
Gemäß internationaler Gepflogenheiten wurde Personen der Transit (also die Reise über ein fremdes Territorium) nur bei Vorliegen einer entsprechenden Einreisegenehmigung in den Zielstaat gestattet. Die meisten, der über Ostberlin reisenden Asylbewerber haben ihren Asylantrag aber erst nach der Ankunft in Westberlin gestellt, so daß der Transit über das Hoheitsgebiet der DDR gegen die internationalen Gepflogenheiten verstoßen hat. Entsprechend dem Völkerrecht (Konvention von Barcelona vom 20.04.1921) und dem Transitabkommen von 1971 gestattet die DDR den Transit durch ihr Hoheheitsgebiet. Sie stellt Personen nur dann ein Transitvisum aus, wenn sie ein Einreisevisum für die BRD besitzen. Anders sieht es bei dem Reiseziel Westberlin aus, was unter Besatzungsrecht steht und kein Bestandteil der BRD sei und nicht von ihr regiert werden darf. Die Einreise nach Westberlin sei ausschließliche Sache der Alliierten.

Rupert Scholz (Berlins Bundessenator): ´Die Bundesregierung müsse intensive Gespräche mit der DDR führen, um den Asylantenstrom einzudämmen. Berlin könne keine weiteren Asylbewerber verkraften.´ nach einer Senatssitzung am 22. Juli 1986
Friedrich Zimmermann (Bundesinnenminister): ´Die unerlaubte Einreise über die DDR hat ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr akzeptabel ist.´ Q: Bericht des Bundesinnenministers an das Bundeskabinett vom 23. Juli 1986
Jochen Vogel (Fraktionsvorsitzender der SPD): ´Die Bundesregierung muß gegenüber der DDR auf hoher Ebene deutlich machen, daß die gegenwärtige Praxis das deutsch-deutsch Einvernehmen schwer belaste. Der DDR geht es nicht um humanitäre Hilfe, weil sie die Betroffenen sonst selbst im Lande behalten würde. Der DDR geht es vielmehr darum, die BRD anhand ihrer eigenen Grundsätze ad absurdum zu führen.´
Die BRD entschied sich letzten Endes gegen die Einrichtung von Kontrollen auf der Westberliner Seite, weil dadurch die DDR ihr Ziel erreicht hätte, daß aus der Demarkationslinie zwischen den Berliner Sektoren der Alliierten eine Staatsgrenze wird.

Willy Brandt hat Erich Honecker im Falle eines Wahlsieges von Johannes Rau die Respektierung der DDR-Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt, wenn die DDR eine gefällige Transitlösung fände. Nachdem Wolfgang Schäuble eine Verknüpfung der Swing-Regelung im deutsch-deutschen Handel mit der Transitfrage konstruierte, ließ die DDR  auf Weisung Erich Honeckers ab dem 1. Oktober 1986 nur noch Personen per Transit nach Westberlin reisen, die über ein Anschlußvisum anderer Staaten (z.B. der BRD) verfügten. Bundeskanzler Helmut Kohl bedankte sich in einem Brief für das Entgegenkommen der DDR.

Tatsache bleibt: Ab dem 1. Oktober 1986 nahmen BRD und Westberlin den Schutz der Mauer gegen unerwünschte Asylbewerber in Anspruch. Q: SP,S.80-86