4.000 vuZ Hirtentum und Patriarchat

Das Hirtentum entwickelte sich erst, als die Nomaden begannen den Nahrungskonkurrenten den gewohnten Zugang zu den natürlichen Herden, denen sie folgten, zu versperren. Sie nahmen die Herden für sich allein in Anspruch und beendeten das Teilen. Während sich dieses ausgrenzende Verhalten über die Jahre und Jahrhunderte zur Alltäglichkeit entwickelte, wurde es durch die aufwachsenden Kinder von Generation zu Generation als Sitte weiter gegeben. Die Lebensform der Hirten kann sich nicht ohne fundamentale emotionale Veränderungen vollzogen haben, die sie überhaupt erst ermöglichten. Diese emotionalen Veränderungen müssen während eines Prozesses stattgefunden haben, den man als „Akzeptanz des Hirtentums an sich“ bezeichnen kann. Was genau war während dieses Prozesses geschehen? Der erste Schritt war die Ergreifung von Besitz, d.h. die Ab- oder Ausgrenzung von Nahrungskonkurrenten, denen der gewohnte Zugang zu ihrem Futter verweigert wurde. Das Hirtentum entstand also durch die Behinderung anderer (sowohl Menschen als auch Raubtieren) zu ihren natürlichen Nahrungsquellen. Dabei wurden die natürlich vorkommenden Viehherden in Besitz genommen. Diese Gewohnheit des Behinderns beim Zugang zu Ressourcen entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Charakteristikum der allgemeinen Lebensweise. Diese Lebensweise wurde durch die Generationen weiter gegeben und prägt bis heute unseren Alltag. Die Geisteshaltung patriarchalen Hirtenlebens wurde in die normale Lebensform des neuen Paradigmas integriert, unabhängig davon, ob Hirtentum (durch Hüten von Herden) ausgeübt wird oder nicht. Das Schaf ist die geeignetste Tierart für das Leben und die Bedürfnisse der Nomaden und gibt mit seiner Milch, seinem Fleisch und Fett Nahrung, mit Fellen und Wolle Kleidung und Wohnung, mit dem getrockneten Mist Heizung und deckt fast die ganzen Lebensbedürfnisse seines Herrn. Wie bei den Nomaden selbst blieb daher auch bei der ansässigen Bevölkerung des Orients bis in die Gegenwart die einzige beliebte Fleischart das Hammelfleisch. Die nach Tierarten getrennten Herden der Nomaden laufen tagsüber frei herum; als Hüter braucht man gewöhnlich einen jungen Hirten. Zu bestimmten Stunden führt jemand die Herde zum Brunnen, um sie dann wieder frei laufen zu lassen. Gegen Abend werden die Herden zu der Jurte geführt, von den Frauen gemolken, und die ganze Nacht wegen der wilden Tiere (Nahrungskonkurrenz) sorgfältig unter Aufsicht gehalten. Morgens nehmen die Hirten ihre Herden wieder mit zu den Weideplätzen, und die Tiere suchen ihr Futter selbst. Das ist jahrein, jahraus der sich täglich wiederholende Ablauf der Dinge. Für bestimmte Zeiten des Jahres gibt es festgesetzte Weideplätze. Der schwerste Teil des nomadischen Lebens ist der Winter. Nomaden können sich nicht mit vielen Vorräten belasten, daher ist der Wintervorrat nur gering. Im Winter fehlt z.B. die Hauptnahrung des Sommers, die Milch, der als Nahrungsmittel mitgeführten Rinderherde. Die Milchkühe, die selber hungern, können keine Milch geben. Die Herden sind so weit ausgehungert, dass sie kaum leben können, und werden sie geschlachtet, geben sie wenig her; folglich schlachtet man die Tiere nicht. Der Nomade muss alles sparen, um den Winter durchhalten zu können. Manchmal liegt der Schnee so hoch, dass die Tiere gar keine Möglichkeit haben, das Gras hervor zu graben. Manchmal folgt dem Schneeregen ein kalter Wind und alles erfriert. Die Vermehrung von Reichtum im nomadischen Sinne kann nur durch die Erhöhung der Anzahl von Tiergeburten geschehen. Die Nomaden sorgen dafür, dass ihre Tiere nicht zu früh, z.B. im Winter, und auch nicht zu spät gebären. Werfen sie zu früh im Frühjahr, sind das zarte Junge und das schwache Muttertier beide in Gefahr, weil der Hirte ihnen keinen wärmenden, geschützten Platz bieten, noch dafür sorgen kann, dass die schwache Mutter in der Lage ist ihr Junges zu nähren, der selbst die kräftige Nahrung fehlt. Im Sommerquartier können die Herden nur für eine bestimmte Zeit bleiben und sollen genügend gefüttert werden, um wanderungsfähig zu sein. Bei späteren Geburten sind die Mutter und das Junge noch nicht genug bei Kräften, wenn die schweren, langen Wanderungen beginnen. Daher zählen die Nomaden genau die Tage, an denen in der Herde die Geburten beginnen und wann sie zu Ende gehen sollen. Dementsprechend lassen sie den Bock in die Herde und halten ihn für eine bestimmte Zeit drin. Das war nur möglich durch das Erkennen der Vaterrolle im engen Umgang mit den Tieren. Der Hirte kann meist beim ersten Blick feststellen, welche Tiere belegt sind. Nach Erledigung dieser Angelegenheit nimmt er den Bock wieder zurück. In den nomadischen Herden sieht man außer in dieser Zeit kein einziges ausgewachsenes männliches Tier. Nach solcher Vorbereitung wartet man auf den Frühling und die Geburten in den Herden, die entweder unterwegs oder im Sommerlager vor sich gehen. In möglichst kurzer Zeit soll alles geschehen und erledigt sein. Im Sommerquartier erholen sich die vom Winter geschwächten Tiere und Menschen, besonders die neugeborenen Jungtiere. Nach der Frühjahrsschur und dem Verkauf eines Teils der Herde, begeben sich die Nomaden nach wochenlangem Wandern an einen meist höher gelegenen Ort, wo die Gräser nicht so schnell trocknen und die Sommerhitze nicht so stark ist. Dort findet das eigentliche nomadische Leben statt, ganz im Gegensatz zum Winter. Jetzt gibt es weder Sorgen noch Hunger und diese Zeit wird als die glücklichste betrachtet. Die Herden werden zum zweiten Mal geschoren, wieder ein Teil zum Jahrmarkt gebracht und der Rest zur Herbstweide geführt, um die Winterweiden möglichst zu schonen. Durch die gezielte Erhöhung der Geburtenraten werden die Weideplätze zu stark ausgenutzt: überweidet. Das heißt, der Viehbestand pro Fläche ist unter den gegebenen trockenen klimatischen Verhältnissen zu groß. Durch das Weiden wird deshalb die Pflanzendecke immer schütterer und der Boden wird aufgelockert. Die Folge ist eine zunehmende Erosion, wodurch dem Pflanzenwuchs die Basis noch weiter entzogen wird. Dadurch kommt es zu einer Schwächung des Tierbestandes der zu großen Herden, diese werden anfälliger für Krankheiten, leichtere Beute für wilde Tiere und verhungern selber, so daß der Viehbestand immer wieder radikal dezimiert wird. Die Menschen bezeichnen das als Tragödie oder Schicksalsschlag, ohne sich ihres eigenen Zutuns bewusst zu werden, und sie versuchen noch gezielter zu vermehren, mehr zu sparen, asketischer zu leben. Nomadisches Handeln bedeutet in der Konsequenz: gegen die Natur und ihre Gesetze zu handeln, und da das nicht geht: ein Verlierer-Dasein zu führen.  http://rette-sich-wer-kann.com/artikelserie/entstehung-patriarchat-akkumulation-geschlechtertrennung-vor-6000-jahren/