17.500 vuZ Riten, Mythen, Kulte und Religion

Das handwerkliche Wissen über die Herstellung bestimmter Produkte, wurde von Generation zu Generation weiter gegeben. Außerdem standen den Töpfern z.B. noch keine Uhren zur Verfügung, so daß die Dauer zum Brennen der Tongefäße im Ofen durch bestimmte Handlungen, Gebeten oder rituellen Tänzen ausgefüllt/bemessen wurde. So vermischten sich technologische Anforderungen mit religiösen Handlungen, die eigentlich nichts miteinander zu tu hatten, die aber eingehalten werden mußten, damit das Werk gelang. Das galt in ähnlicher Weise für nahezu alle handwerklichen Verrichtungen. Auf diese Weise festigte sich die gesellschaftliche Stellung der Priester, ohne deren Wissen die Herstellung aller Produkte und Waren für den Einzelnen kaum noch vorstellbar war. Klemm, S. 37
Durch die zunehmende Arbeitsteilung waren bestimmte Tätigkeiten mit bestimmten Menschengruppen verbunden. Diese Arbeitsteilung wurde auch auf den Götterhimmel übertragen. Es entstand die heidnische Vielfalt der Götter: der Gott für den Wind half den Seefahrern, der Gott für die Ernte den Bauer, etc pp. Und die Priester boten sich für die Kommunikation zwischen Mensch und Gott an, eine Aufgabe, die sie nur durch die damals herrschende allgemeine Unwissenheit an sich reißen konnten. Klemm, S. 37 ff
Die handwerklich unerfahrenen Lehrlinge mußten sich in den Werkstätten an feste Vorschriften und Abläufe gewöhnen, die im Rahmen der Arbeitsteilung einzuhalten waren. Um sich den Ablauf der Tätigkeiten einzuprägen und technologisch erforderliche Pausen einzuhalten, sollten rituelle Vorschriften beachtet werden.
Ein Mythos ist etwas Unbekanntes. Schaut man einem Damaszener Schmiede um 1000 vuZ über die Schulter, so wird er beim bearbeiteten des Stahls allerlei magische Dinge murmeln und enorm finster drein blicken. Er erhitzt etliche male den Werkstoff, verformt ihn und kühlt in wieder in Ochsenblut mit frischen Hühnerkot ab. Wir nehmen an, daß den alten Metallurgen die naturwissenschaftliche Grundlage ihres Tuns unklar war. Aus Erfahrung wußte sie jedoch, daß der Stahl durch die häufige Bearbeitung härter wird – und schob es auf die Zaubersprüche, um neugierige Nachahmer im unklaren zu halten. Erst die moderne Werkstoffwissenschaft hat die Ursachen für die Veränderung der Werkstoffeigenschaften aufgedeckt. Der höhere Salzgehalt im Ochsenblut (statt im Wasser) erhöht den Siedepunkt des Kühlmittels und führt damit zu einer isolierenden Dampfschicht, welche wiederum die Abkühlung verzögerte. Der in dem Hühnerkot enthaltene Stickstoff kann bei ausreichender Temperatur und Zeitdauer in die Stahloberfläche wandern und damit die Härte der Klinge erhöhen ohne die Elastizität des Stahlkerns zu beeinflussen. Die grausamen Römer kühlten ihre frisch geschmiedeten Schwerter nicht mehr in Ochsenblut, sondern rammten sie armen Menschen in den Leib. Das einzig mystisch an der Tätigkeit des Damaszener Schmied sind also seine finstere Mine und Zaubersprüche. D Raabe, S. 8
Für die Griechen war die menschliche Arbeit tief mit religiösen Vorstellungen verbunden. Reiche Ernten und eine zahlreiche Vermehrung der Nutztiere waren (und sind) von einem günstigen Klima und reichlichen Niederschlagsmengen abhängig – was beides von den zuständigen Gottheiten erfleht wurde. In dringenden Fällen sollte die Erfüllung des menschlichen Ansinnen durch Opfergaben beeinflußt werden. Mit der weiteren Entwicklung ihrer Produktivkräfte (Bergbau, Metallurgie, …) und dem Fortschreiten ihrer Erkenntnisse entwickelte sich ein rationaleres Weltbild, so daß der „göttliche“ Einfluß immer geringer wurde. D Raabe, S. 58

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