1600 Mixed Money Urteil

Was war geschehen? Im Mai des Jahres 1600 wurden unter Elisabeth I die Münzen aus unedlen Metallen (vermutlich Stahl) geprägt. Alle anderen Münzen (also die aus Gold und Silber) wurden für ungültig erklärt und mußten zurückgegeben werden. Da jeder Handwerker vorher seine Produkte herstellen und gegen die Münzen aus Gold oder Silber verkaufen mußte, kommt der Rückgabezwang einer Enteignung gleich.

Der Mixed-Money-Fall ist schnell erzählt: Als ein Ire 100 Pfund Sterling, die er einem Londoner Kaufmann schuldete, mit den abgemagerten Münzen gleichen Namens begleichen wollte, wurde er von dem Kaufmann auf Rückgabe der Menge an Gold oder Silber verklagt, welche in den alten Münzen enthalten waren. Der Fall wurde auf höchster Ebene verhandelt und zugunsten des Iren entschieden. Er brauchte dem Kaufmann nur abgemagerte Münzen gleichen Namens zurückgeben.

Im Folgenden werden die wesentlichen Entscheidungsgründe des Gerichtes wieder gegeben:

„Bei Geld handelt es sich um einen staatlichen Wertmaßstab … und jeder Staat entwickelt sein eigenes Geldwesen. Der Herrscher hat das Recht, das Geld seines Einflußbereiches zu schaffen. Es ist Hochverrat, wenn andere als der Herrscher Geld schöpfen. Wird von einem Herrscher erklärt, ein Geldstück sei ein Pfennig, Groschen oder Schilling, dann ist diese Erklärung für alle andere bindend. Der Herrscher hat das Recht, die Geldmenge zu erhöhen oder zu verringern, … den gesetzlichen Wert zu erhöhen oder zu verringern, bestimmte Münzen für ungültig zu erklären oder sie zu Barren einzuschmelzen – in welcher Form sie als Zahlungsmittel verboten werden können. Diese Macht behält sich der Herrscher zur eigenen Sicherheit und zum eigenen Wohlergehen vor. Münzen haben immanente und extrinsische Eigenschaften. Immanente Eigenschaften sind Gewicht und Reinheit. Immanente Eigenschaften sind naturgegeben. Extrinsische Eigenschaften sind Benennung und Wert und werden vom Herrscher verliehen.” Del Mar in Scientific Money, S. 97-98, zit in Zarlenga, S. 189

Kommentare zu den einzelnen Passagen des Urteils

„Bei Geld handelt es sich um einen staatlichen Wertmaßstab … und jeder Staat entwickelt sein eigenes Geldwesen.”

Geld ist jene Ware, die gegen jede andere getauscht werden kann – es handelt sich somit um eine gesellschaftliche Übereinkunft, Gold, Silber, Kupfer oder Papierscheine zu benutzen. Beim Produktwert des Geldes handelt es sich um einen gesellschaftlich anerkannten Produktwert, der von jedem Wirtschaftsteilnehmer akzeptiert wird. Es ist also kein staatlicher Wertemaßstab, sondern allerhöchstens ein gesellschaftlicher. Das jeder Staat sein eigenes Geldwesen entwickelt, ist eine historische Tatsache, was unter anderem daran liegt, daß es in jeder Sprache unterschiedliche Gewichtsbezeichnungen gibt (Pfund, Mark, …).

„Der Herrscher hat das Recht, das Geld seines Einflußbereiches zu schaffen.”

Der Herrscher verkennt völlig Wesen und Funktion von Geld. Gold ist ein natürliches Element, genauso wie Silber, Kupfer oder Papier. Gold wird von Bergleuten gefördert und wird zu Geld, wenn alle anderen Wirtschaftsteilnehmer ihre Produkte gegen dieses Produkt tauschen. Das ein Produkt zu Geld wird, ist wiederum eine gesellschaftlich notwendige Folge der Arbeitsteilung.

„Es ist Hochverrat, wenn andere als der Herrscher Geld schöpfen.”

An der Schöpfung welchen Gramm Goldes, Silbers, Kupfers oder Papiers bitte schön war der Herrscher beteiligt? An nicht einem einzigen Gramm! Gold, Silber und Kupfer wurde von den Bergleuten aus dem Schacht geholt, von Metallurgen gereinigt und Handwerkern geprägt. Papier wurde als Baum von Forstleuten angepflanzt und nach langer Pflege wieder abgeholzt, in der Papiermühle zu Zellulose verarbeitet und in einem komplizierten technologischen Prozeß getrocknet und auf Rollen gewickelt. Zum Schluß kam es in die Druckerei und wurde von Druckern bedruckt. An welcher Stelle hat irgendein Herrscher den Finger krumm gemacht? Es ist Hochverrat, sich so etwas anzumaßen.

„Wird von einem Herrscher erklärt, ein Geldstück sei ein Pfennig, Groschen oder Schilling, dann ist diese Erklärung für alle andere bindend.”

Der Herrscher hat sich an die Gepflogenheiten seines Volkes zu halten. Wenn diese zu jenem gelblich schimmernden Metall der Ordnungszahl 79 Gold sagen, dann heißt ihr Geld eben Gold. Wenn in einem anderen Land das gräulich schimmernde Metall der Ordnungszahl 47 Silver heißt, dann heißt das Geld diesen Landes eben Silber. Und wenn die Form, in der Gold als Geld verwendet wird, Rundstück heißt, dann heißt diese Münze eben Rundstück.

„Der Herrscher hat das Recht, die Geldmenge zu erhöhen oder zu verringern.”

Die Goldmenge erhöht sich, wenn mehr Bergleute Gold fördern, der Erzgehalt höher ist, die Ausbeute größer ist, … oder aus manch anderem Grund – aber doch nicht, weil ein Volksparasit denkt, er müsse Zauberlehrling spielen.

„ … den gesetzlichen Wert zu erhöhen oder zu verringern, …”

Dieser Passus ist ganz spannend. Was ist der ´gesetzliche Wert´? Gemäß unserer Definition ist der Produktwert einer Ware (oder Geld) die darin steckende menschliche Arbeitszeit. Diese Definition ist ein Naturgesetz! Der Produktwert einer Waren- (oder Geld-)menge hängt damit ganz allein von der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte ab. Wird der Schacht ausschließlich durch Handarbeit geteuft, ist viel Arbeitszeit notwendig um 1 g Gold zu fördern. Kommen aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung der Produktivkräfte vorwiegend Maschinen zum Einsatz, ist weniger Arbeitszeit notwendig. Der Produktwert der Geldware hängt also von der zur Herstellung notwendigen Arbeitszeit ab – und nicht von der Pfurzidee eines Herrschers. Unter Beachtung des nächsten Naturgesetzes, des produktwertäquivalenten Austausches, hängt auch der Tauschwert des Geldes nicht von einem Herrscher ab, sondern wiederum von der gesellschaftlichen Entwicklung der Produktivkräfte. Ist der Stand der PK-Entwicklung niedrig, so kann 1 g Gold (= 1000 h gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit) nur gegen 1 Tonne Kartoffeln getauscht werden. Ist die PK-Entwicklung in der Landwirtschaft höher, so daß in 1000 Stunden 2 t Kartoffeln produziert werden, dann bekommt man für 1 g Gold eben 2 t Kartoffeln. Auch die letzte ökonomische Größe, der Gebrauchswert des Geldes hängt nicht von einem Herrscher ab, sondern wiederum von der gesellschaftlichen Übereinkunft aller Wirtschaftsteilnehmer. Wenn alle Arbeiter und Bauern Gold als Geld verwenden wollen, ist deren gesellschaftlicher Gebrauchswert gleich 1. Wollen die Arbeiter und Bauern ihre Waren lieber gegen Silber tauschen, ist der gesellschaftliche Gebrauchswert von Gold als Geld gleich Null.

„ … bestimmte Münzen für ungültig zu erklären oder sie zu Barren einzuschmelzen – in welcher Form sie als Zahlungsmittel verboten werden können.”

Liebe Arbeiter, Bauern und Handwerker, liebe Ärzte, Ingenieure und Architekten – das kommt einer Enteignung gleich, denn schließlich mußten sie vorher etwas herstellen, um überhaupt in den Besitz einer Münze (oder eines Barren) zu gelangen, oder? Dann können Sie auch gleich für umsonst Arbeiten oder ihre Produkte an das Herrscherhaus verschenken.

„Diese Macht behält sich der Herrscher zur eigenen Sicherheit und zum eigenen Wohlergehen vor.”

Hier offenbaren die Herrscher endlich ihre wahren Motive: das eigene Wohlergehen und die Sicherheit, zeit ihres Lebens auch ohne Arbeit bestens versorgt zu sein.

„Münzen haben immanente und extrinsische Eigenschaften. Immanente Eigenschaften sind Gewicht und Reinheit, diese Eigenschaften sind naturgegeben. Extrinsische Eigenschaften sind Benennung und Wert und werden vom Herrscher verliehen.”

Naja. Das Gewicht einer Warenmenge, z.B. der Menge des geförderten Silbers hängt von der Arbeitsmenge (= Arbeitszeit) aller Bergleute ab. Die Reinheit der Silbermenge hängt wiederum von der Arbeit zahlreicher Metallurgen und Chemiker ab, bis aus dem natürlich vorkommenden Silbererz das metallene Silber der Reinheitsstufe 925 Promille hergestellt ist. So naturgegeben sind diese Eigenschaften also auch nicht. (Bitte bedenken Sie den Unterschied zwischen dem Gewicht einer Warenmenge und der natürlichen Eigenschaft jeder Materie, eine Masse zu haben. Eine Warenmenge X hat aus ganz natürlichen, physikalischen Gründen eine Masse x kg, wie groß aber dieses x ist, liegt an der produktiven Tätigkeit der Menschen!) Die Benennung (Bezeichnung) von Waren wiederum geht auf so etwas ganz gesellschaftliches wie Sprache zurück und hat überhaupt nichts mit dem Wortschatz eines Herrschers zu tun. Und welcher Wert gemeint ist (Gebrauchswert, Produktwert, Tauschwert, Heizwert, …) muß uns der Herrscher noch erklären. Ich bin aber ganz gewiß, daß der Wert keiner einzigen Größe von einem Herrscher verliehen wird.

Gegen die Entscheidung des höchsten englischen Gerichtes wehrten sich die Kaufleute, Goldschmiede und die Ostindische Kompanie. Im Jahre 1666 gelange es ihnen, den ´Free Coinage Act´ durchs Parlament zu bringen.