1389 Kampf gegen den Kredit

Als Reaktion auf eine inflationäre Preis-Periode aufgrund von Kreditausweitungen schlug das Haus Burgund eine harte Geldpolitik ein. Zwischen der Hanse (Städtebund der Ostseeanrainer auf Initiative Lübecks, Köln, Bremen, Braunschweig, Danzig und Visby, 1143 gegründet, Blütezeit um 1450, Auflösung 1669) und den Italienern, Süddeutschland, England wütete ab 1389 eine schwere Auseinandersetzung gegen Kreditgeschäfte im Handel. Die norddeutschen Hanseaten hatten große Vorbehalte gegen die Abwicklung von Geschäften auf Kreditwechsel und ließen auch keine Warentermingeschäfte zu. Sie verboten den Verkauf von ungefangenen Hering und nicht geerntetem Getreide. Das Verbot von Kreditwechsel wurde mit inflationären Preisen für Waren und Dienstleistungen begründet. Kredite, so die Hanse, würden die unlauteren Geschäftspraktiken skrupelloser Kaufleute begünstigen. Zarlenga, S. 123
Die Einschränkung der Buchgeld-Schöpfung und Wechselreiterei hatte wiederum eine schwere Deflation der Preise zur Folge. Nutznießer der Deflation war der Landadel, der Klerus und die Verpächter von Grund und Boden, weil die Preise nunmehr in höherwertigem Geld zu zahlen waren. Im Dezember 1390 wurde der Stadtkämmerer von Brügge von einer aufgebrachten Volksmenge fast gelyncht, woraufhin die Pachtzinsen umgehend herabgesetzt wurden. RD 101
Am 2. Okt 1399 verfügte der Stadtrat von Brügge, daß alle Wechsel in Münzen und nicht durch Gutschriften auf Bankkonten bezahlt werden mußten. Dies schränkte die Buchgeld-Schöpfung der Banken erheblich ein. RD 102
Am 2. Okt 1399 sah eine Verordnung der Stadtverwaltung Brügge eine Auszahlung aller im Umlauf befindlicher Wechsel vor. Mit einem Schlag wurde der Wechselbetrug ersichtlich, denn so viel Silber, wie die Banken per Schriftzug geschöpf hatten, gab es gar nicht. Auf Druck der Bänkster mußte diese Verordnung im Sept 1401 wieder aufgehoben werden, da die Bänkster auf einmal nämlich nichts mehr zu fressen hatten. In diese Auseinandersetzung schaltete sich die Hanse ein und erreichte die Abschaffung aller ‚Geldschöpfungsaktionen’ per Wechsel durch Bänkster. Bis 1411 mußte in Flandern per Warenbegleitschein nachgewiesen werden, daß diese ordnungsgemäß gegen echtes Silber getauscht wurden. 1433 wurde den Wirtschaftsparasiten in Brügge endgültig das Handwerk gelegt:alle in- und ausländischen Banken wurden geschlossen. Zarlenga, S. 124
Eine weitere Verordnung sah vor, daß alle Wechsel auf Devisen in Gold zu zahlen waren. Silber wurde innerhalb eines Jahres in 3 Stufen aus dem Verkehr gezogen. Durch die Demonetarisierung des Silbers verschwand ein Großteil der Geldmenge aus dem Verkehr, was wiederum starke deflationäre Auswirkungen hatte. Die Verordnung erwies sich als nicht umsetzbar und wurde im Sept 1401 wieder aufgehoben. RD 102
Die Verwendung der Kreditwechsel führte zu folgender Erscheinung. Auf der einen Seite blieb die Menge der produzierten Waren gleich, auf der anderen Seite stieg die fiktive Silbermenge ständig an. Die Folge ist, daß die Preise der Waren in Papiersilber steigen, was man auch Inflation nennt. Als Reaktion auf die Inflation, und was viel wahrscheinlicher ist, auf die unrechtmäßige Aneignung der produzierten Waren durch Bänkster und Kaufleute, schlugen die Burgunder eine harte Geldpolitik ein, in deren Folge es eine Deflation gab. Zarlenga, S.124 + IE 2011
Infaltion und Deflation sind zwei völlig neue Begriffe, die es vor der Einführung von Papiergeld nicht gegeben hat. Inflation und Deflation werden auf die verschiedensten Art und Weisen definiert und beschrieben. Im folgenden wollen wir uns diese beiden Begriffe aus der Produktwertperspektive erarbeiten. In einem 500 g schweren Schwarzbrot möge 1 h Arbeitszeit stecken, ebenso in 100 mg Silber. Der produktwertäquivalente Preis des Brotes ist dann 100 mg Silber. Angenommen, die zur Herstellung von 100 mg Silber notwendige Arbeitszeit sinkt auf ½ Stunde, dann wäre der neue, produktwertäquivalente Preis für 500 g Brot = 200 mg Silber. Die größere Silbermenge (200 mg statt 100 mg) für ein und diesselbe Warenmenge (500 g Brot) wird Inflation genannt. Inflation kommt vom italienischen ‚inflare’, was soviel wie Aufblähung, Ausweitung bedeutet. In Wirklichkeit steckt eine Verringerung des Produkwertes vom Silber dahinter. Da Silber als Geld verwendet wird (jene Ware, die man gegen jede andere Ware tauschen kann) spricht man auch von einem sinkenden Geldwert. IE, 2011
Schauen wir uns einmal den Produktwert eines Wechsels an. Ein Wechsel ist ein Stück Papier, auf dem irgendetwas geschrieben steht. Die notwendige Arbeitszeit zur Herstellung eines 9×13 cm² großen Stück Papiers dürfte um 1300 viellicht 10 min betragen haben. Ob der Wechselaussteller auf das Stück Papier 100, 1000 oder 10.000 mg Silber schreibt, ist nur eine Sekundensache. (Wenn Sie es nicht glauben, probieren sie es ruhig einmal aus!) Wir unterstellen mal einen kleinspurigen Wechselbetrüger, der nur 100 mg Silber auf den Wechsel geschrieben hat, dann hat dieser Wechsel eine Produktwert von 10 min und wird gegen ein Brot mit einem Produktwert von 1h getauscht. Sie sehen, der Produktwert des Geldes ist dramatisch gesunken. Eigentlich hätte der Wechselaussteller 6 Wechsel ausstellen müssen, um auf einen Produktwert von 1h zu kommen. Insgesamt hätten die 6 Wechsel dann 600 mg Silber repräsentiert, die ja aber nirgendwo hergestellt wurden, sondern rein fiktiv auf dem Papier. Die ökonomischen Scholastiker halten diese 600 mg Papiersilber nun für real und behaupten, daß 1 Brot 600 mg Silber kosten würden – und reden von Inflation, wohlwissend daß 6 Scheine 9×13 cm² beschriebenes Papier nicht das Gleiche sind, wie 600 mg Silber. Die Burgunder haben diesen Betrug durchschaut und wollten ihn (vielleicht aus reiner Redlichkeit) mit einer Rückkehr zu einer ‚harten Geldpolitik’ beenden. IE, 2011 und Zarlenga, S. 124
Was passiert nun, nach der Rückkehr zur ‚harten Geldpolitik’? Der Bäcker verkauft sein Brot einfach wieder gegen 100 mg physisches Silber. Das war’s schon. Die kleinere Zahl, 100 statt 600, wird vo den Wechselpropheten als Deflation bezeichnet, was aus ihrer Sicht ganz verherrend ist. Die Wechselbänkster trifft es nämlich besonders hart, da sie auf einmal wieder unter’s produzierende Volk müssen, um durch den Verkauf einer hergestellten Ware nach dem Grundsatz W-G an Geld (sprich richtiges Silber) zu kommen, welches sie dann wiederum gegen die anderen Waren eintauschen können (G-W) die sie zum Leben brauchen. Da redliche Arbeit für einen konsumverwöhnten Bänkster schlimmer ist als die Hölle, empfindet er die harte Geldpolitik eines politischen Souveräns natürlich als besonders ‚verherrend’. IE, 2011
Leider trifft diese aber auch den arglosen Bäcker. Angenommen, er hat hart gearbeitet und 10 Wechsel gespart, die er in seinem Alter wieder gegen jene Ware eintauschen wollte, die er dann zum Leben brauchen würde. Statt seinem eigenen Brot hätte er sich dann ein Brot von seinem Nachfolger gekauft, dazu noch Butter, Wurst und Käse auf dem Markt – und hätte sich damit in seinem Altersruhestand ernährt. Der Bäcker war ein Meister seines Faches, hatte in der Schule aber nie etwas von Produkt- und Tauschwerten, Akkumulation und Zirkulation gehört. Er hatte auf die Verheißungen der Bänkster gehört und nicht auf seinen Verstand. Durch die ‚harte Geldpolitik’ wurde nur der produktwertäquivalente Warentausch wieder durchgesetzt, was für den Bäcker hieß, daß er für das Papier, auf dem die vielen Zahlen standen, nichts mehr bekam, weil sie keinen Produktwert hatten. Er hat also für den vollen Bauch der Bänkster gearbeit – und ist selber lehr ausgegangen. Leider, und so hart es auch klingen mag, trägt er aber auch einen Teil der Schuld an seiner Situation. „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe” – dieser juristische Lehrsatz gilt auch im realen Leben. IE, 2011
Wer war von der ‚harten Geldpolitik’ noch betroffen? Natürlich all die Nichtsnutze, die auf Kosten der Fleißigen leben: Landadel, Kirchenpfarrer und Grundbesitzer. Deren Wechsel hatten auf einmal auch keinen Tauschwert mehr. Wir erinnern uns, der Tauschwert eines Produktes ist der Produktwert des anderen Produktes. Der Tauschwert des Wechsels, ist der Produktwert des Brotes, das der Pfarrer dafür kaufen konnte. Da er für einen 100-mg-Silber-Wechsel nun kein Brot mehr bekam, sank der Tauschwert dieses Wechsel auf 0 Sekunden, Diese Seite der Ökonomie trifft all jene Akkumulationsfanatiker, die glauben, daß die Waren, die sie gegen ihr Geld eintauschen wollen (G-W), für immer und alle Zeiten vom Himmel fallen. Aber egal ob sie tonnenweise Papierscheine oder kiloweise Gold gehortet haben, wenn niemand mehr etwas herstellt, was sie dagegen tauschen können, sinkt deren Tauschwert auf Null. Die einzige Konsquenz, die man daraus lernen muß: eine Gesellschaft sollte im ständigen Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion sein – und das über mindestens 3 Generationen! IE, 2011
Der Kampf gegen den Bankkredit endete um das Jahr 1500, der in Nordeuropa von der Hanse und den burgundischen Herzögen geführt wurde. RD 101